Wie umgehen mit der AfD?

Text von Daniela Busse

Wie halten wir es mit der AfD? Das war wohl die Gretchenfrage, die im Rahmen der Online-Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Thomas-Dehler-Stiftung in den Blick genommen wurde. Kooperationspartner war das Gesellschaftswissenschaftliche Institut München für Zukunftsfragen. Fakt ist: 20% der Gesellschaft sympathisieren mit den Forderungen der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland. Da stellt sich die berechtigte Frage: Kann eine solche Partei überhaupt noch verboten werden? Oder ist die Zustimmung in der Bevölkerung bereits so groß, dass es für ein Verbot schlichtweg zu spät ist?

Nein. So ist Dr. Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte überzeugt: Die AfD radikalisiert sich seit 2013 zunehmend. Der rechte Flügel hat sich über die gesamte Partei ausgespannt und die führenden Parteimitglieder zielen auf eine Gewaltherrschaft ab, die sich am Nationalsozialismus orientiert. Man sollte daher nicht auf das Instrument des Parteiverbots verzichten. Der richtige Zeitpunkt darf also nicht verpasst werden, so sein Appell.

Bei Aaron Buck von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern schlagen zwei Herzen in der Brust. Das Herz sagt ja zum Verbotsverfahren, der Verstand sagt nein. Ihm ist es wichtig, dass die Erfolgschancen klar ausgelotet sind, ehe man die politische Diskussion in die Hände eines Gerichts legt.

Eine sehr klare Position nimmt Prof. Dr. Neumann vom King´s College in London ein: Wenn man jetzt ein Verbotsverfahren einleiten würde, sehe er schon die Schlagzeilen: „Die letzten freien Wahlen. Jetzt erst recht AfD wählen!“. Warum er gegen ein Verbotsverfahren ist? Das Verfahren dauert zu lange, die Erfolgsaussichten sind durchaus ungewiss und vor allem: Die Grundhaltung der Befürworter ist deswegen ja nicht aus der Welt. Seiner Ansicht nach geht es also weniger um die Partei selbst, als vielmehr um die Wählerschaft. Diese muss adressiert werden. Deswegen gibt es einen klaren Auftrag für Demokratinnen und Demokraten: Die AfD-Wählerschaft ins demokratische Spektrum zurückholen. Was es dazu braucht? Eine handlungsfähige Regierung, eine glaubwürdige Opposition und eine effektive Migrationspolitik, die ordnet und steuert.

Der gleichen Meinung ist auch der FDP-Landesvorsitzende Martin Hagen. Er ist überzeugt: In der Vergangenheit wurde der Vorwurf des Rechtsradikalismus inflationär genutzt. Menschen, die berechtigte Zweifel an der Migrations-, der Corona-, oder der Klimapolitik haben, wurden und werden noch immer politisch in eine rechte Ecke gedrängt. Und das verfängt früher oder später. Die verheerende Verengung des Meinungskorridors führt zu einem tiefen Vertrauensbruch bei vielen Menschen.

Des Pudels Kern, um bei Faust zu bleiben, ist also weniger die Frage, ob man die AfD verbieten sollte, sondern eher die Frage, wie man die Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen kann. Klar ist: Wir dürfen nicht in die Falle tappen und die Positionen der Partei normalisieren und verharmlosen. Deswegen braucht es vor allem drei Dinge: Eine Politik, die die Probleme der Menschen pragmatisch löst, einen breiten Meinungsdiskurs und mündige Bürgerinnen und Bürger, die die Maske der Rechtsradikalen rechtzeitig erkennen.

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Diskutanten: Martin Hagen, Landesvorsitzender der FDP Bayern; Prof. Dr. Peter R. Neumann, Professor für Sicherheitsstudien am King´s College London; Dr. Hendrik Cremer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Menschenrechte; Aaron Buck, Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern

Moderation: PD Dr. phil. habil. Karin Schnebel, Wissenschaftliche Leiterin des Gesellschaftswissenschaftlichen Instituts München