Veranstaltungen am Rand der Münchner Sicherheitskonferenz

Foto: Denys Dolzhenko
Auch in diesem Jahr wurden auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) vom 14. bis zum 16. Februar die aktuellen globalen Sicherheitsherausforderungen diskutiert. Die zentralen Themen waren der Zustand der internationalen Ordnung, die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft und die Rolle Europas in der Welt. Dabei waren die Konferenztage von transatlantischen Spannungen geprägt, insbesondere durch die kontroverse Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance. Eines wurde deutlich: Die Sicherheit Europas ist angesichts des neuen Kurses der US-Regierung und externer Bedrohungen, insbesondere durch Russland, noch nie so fragil gewesen. Eine verstärkte europäische militärische Zusammenarbeit und gemeinsame Verteidigungsinitiativen müssen nun die militärische Lücke schließen, die die amerikanischen Verbündeten womöglich hinterlassen.
Mit drei Veranstaltungen waren das Landesbüro Bayern der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und die Thomas-Dehler-Stiftung wieder Teil der MSC Side Events. In Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern wurden Debattenräume gestaltet, die zum einen Dimensionen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, zum anderen europäische Verteidigungstechnologien thematisierten.
Ukraine in Focus: Security Policy and Culture
In den drei Podiumsdiskussionen über die Entwicklungen in der Ukraine sowie über die Rolle von Kultur in Zeiten des Krieges, die am 14.02. im Münchner Künstlerhaus stattfanden, herrschte Einigkeit darüber, dass eine starke NATO, gute Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union und eine freie Ukraine im ureigenen Interesse des Westens liegen. Der militärische Erfolg der Ukraine wird über den Verlauf möglicher Verhandlungen entscheiden, doch eines steht fest: Die Souveränität des Landes ist nicht verhandelbar. Dies bedeutet territoriale Integrität, eine eigenständige Außenpolitik sowie das Recht zur Selbstverteidigung ohne jede Einschränkung. Moskau hat keinerlei Recht, sich gegen die Integration der Ukraine in EU und NATO zu stellen, allein die Ukraine hat das Recht, über ihre Zukunft zu entscheiden.
Solange ein Teil des Landes besetzt ist, dürfen die gegen Russland gerichteten Sanktionen nicht gelockert werden. Ein Zurück zu alten politischen Verbindungen mit Russland ist völlig ausgeschlossen. Ein starkes Europa ist dabei sowohl für die Ukraine als auch für die USA von entscheidendem Vorteil. Wie Ralf Fücks, der eines der Panels moderierte, betonte: „Now is the moment for Europe to show our strength. Now or never!”
Ukrainische Kultur ist in Deutschland unterrepräsentiert. Dies ist nicht unproblematisch, denn ihr Verständnis hat Einfluss auf unsere Wahrnehmung des Krieges. Die Abwehrhaltung vieler Ukrainer gegenüber der russischen Kultur ist nachvollziehbar – sie haben jedes Recht, diese abzulehnen, schließlich werden ihre Angehörigen von jenen getötet, die diese Kultur, die nicht selten auch von kolonialen Denkmustern geprägt ist, propagieren. Ein Highlight in den Debatten über die Rolle von Kultur im Krieg war der Impulsvortrag des Menschenrechtsverteidigers und ehemaligen politischen Häftlings Maksym Butkevych, in dem er auch seine Abkehr vom Pazifismus begründete. Berührend die Bedeutung, die (auch deutsche) Literatur während seiner russischen Gefangenschaft für ihn hatte: „It has helped me to preserve my values and to stay human against all odds.“
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Panel 1: Western Strategy for Ukraine: Ways Out of the War - eine Kooperation des Zentrums Liberale Moderne, der Ukrainischen Freien Universität und weiterer Partner; Foto: Denys Dolzhenko -
Ralf Fücks; Foto: Denys Dolzhenko -
v.l.n.r. Michael McFaul, Pavlo Klimkin, Michael Gahler, Robin Wagener; Foto: Denys Dolzhenko -
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Constantin Groth begrüßt zum zweiten Panel: Is Europe ready to defend its freedom? Culture as a form of resistance; Foto: Denys Dolzhenko -
Vortrag von Maksym Butkevych; Foto: Denys Dolzhenko -
v.l.n.r. Sofia Pavlenko, Fabian Mühlthaler, Martin Aust, Maksym Butkevych; Foto: Denys Dolzhenko -
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Panel 3: The role of culture in hybrid wars. Malevych Case — refuting the myths of Russian propaganda; Foto: Denys Dolzhenko -
Franziska Davies, Roman Haller und Timothy Snyder; Foto: Denys Dolzhenko -
Franziska Davies, Timothy Snyder und Tetyana Filevska; Foto: Denys Dolzhenko -
Foto: Denys Dolzhenko
Der Historiker Timothy Snyder betonte, dass die Wurzeln der europäischen Kultur auch in der Ukraine lägen. Er verortete das Land damit, wo es hingehört: in Europa, dessen Zukunft mit der Zukunft der Ukraine untrennbar verknüpft ist. Snyder stellte auch die Verbindung zwischen den totalitären Verbrechen der vergangenen und der heutigen Zeiten her. Die gezielte Auslöschung ukrainischer Kultur ist Teil des russischen Angriffskrieges. Daher ist es essenziell, ukrainischen Stimmen Gehör zu schenken – nicht zuletzt den Stimmen der Künstler, die an der Front kämpfen.
Die Deutschlandpremiere des Films „Malevych“ von Daria Onyshchenko am Folgetag, unterstützt von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Bayern und der Thomas-Dehler-Stiftung, ergänzte die Diskussionen im Münchner Künstlerhaus.
Doomed to Dependence? Zur Abhängigkeit verdammt?
Wie wirkt sich die wachsende Konkurrenz zwischen globalen Mächten im Bereich aufstrebender Verteidigungstechnologien aus und welche Rolle können Deutschland und Europa einnehmen? Dies wurde im Rahmen des MSC Side Events „Doomed to Dependence? Evaluating Great Power Competition over Emerging Defence Technologies and the Risk of EU-Irrelevance” im Amerikahaus München diskutiert.
Ein zentrales Thema war dabei die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) und anderen fortschrittlichen Technologien, die internationale Machtverhältnisse neu definieren. Besondere Aufmerksamkeit galt den regulatorischen Herausforderungen, die zwischen demokratischen und autoritären Regimen bestehen. Während autoritäre Staaten durch zentralisierte Entscheidungsstrukturen ihre Verteidigungsfähigkeiten rasch ausbauen können, stehen demokratische Systeme wie die Europäische Union vor Hürden wie Finanzierungslücken, fragmentierten Regularien und begrenzter Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren. Im Gegensatz dazu ermöglicht das flexiblere regulatorische Umfeld der USA schnellere Innovation. Diese Unterschiede werfen die entscheidenden Fragen auf, wie demokratische Systeme ihre Regularien harmonisieren, innovative Finanzierungsmechanismen entwickeln und die Zusammenarbeit stärken können, um im Wettlauf um KI-Innovationen autoritäre Regime zu überholen.
Die Entwicklungen verdeutlichen die dringende Notwendigkeit für Europa, seine Verteidigungsstrategien zu überdenken und durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien sowie die Förderung von Innovationen seine Sicherheit und Souveränität zu stärken.
Wir bedanken uns bei allen Kooperationspartnern für die vertrauensvolle Zusammenarbeit: Young Security Conference, Ukrainische Freie Universität, Generalkonsulat der Ukraine in München, Goethe-Institut Ukraine, Ukrainisches Institut, Europäische Janusz Korczak Akademie, Fellas for Europe e.V., Big Hand Films und Artwinery.