"Ein Schritt weg von dem, was unseren Rechtsstaat ausmacht"

Gefährdergesetz in Bayern
Meinung24.07.2017Stephanie Rohde
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vizepräsidentin der Thomas-Dehler-Stiftung
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vizepräsidentin der Thomas-Dehler-Stiftung

Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat im Gespräch mit Stephanie Rohde vom Deutschlandfunk die Verschärfung des sogenannten Gefährder-Gesetzes in Bayern als unverhältnismäßig kritisiert. Das neue Kriterium einer "drohenden Gefahr" für eine unbefristete Vorbeugehaft sei unkonkret und sorge für Rechtsunsicherheit, sagte die FDP-Politikerin im Dlf.

Stephanie Rohde: Wenn Sie keine Straftat begangen haben, aber möglicherweise eine planen und zufällig in Bayern leben, dann könnten Sie dafür präventiv in Haft genommen werden, in Gewahrsam, und zwar für drei Monate oder auch länger. So hat das das Parlament in München in dieser Woche beschlossen. Auf Betreiben der CSU hin wurde das sogenannte Gefährdergesetz verschärft. Der bayrische Innenminister verweist darauf, dass so schwere Straftaten von Gefährdern zuverlässiger verhindern werden könnten, Kritiker hingegen befürchten, dass Menschen für unbestimmte Zeit im Gefängnis sitzen könnten, ohne dass sie jemals eine Straftat begangen haben. Darüber möchte ich jetzt sprechen mit der ehemaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die bis 2013 Landesvorsitzende der FDP in Bayern war. Guten Morgen!

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Guten Morgen, Frau Rohde!

Rohde: Kritiker sehen Bayern damit in der Nähe von Guantánamo oder von der Türkei – wo würden Sie Bayern nach dieser Woche geografisch verorten?

Leutheusser-Schnarrenberger: Bayern hat sich mit der Verabschiedung dieses sogenannten Gefährdergesetzes wirklich verabschiedet von einem breiten Konsens, wie wir ihn in Deutschland hatten. Dass nämlich so schwere Eingriffe in die Freiheitsrechte wie das Einsperren an ganz konkrete Anforderungen geknüpft sein müssen und nicht sehr spekulativ und sehr vage bleiben, also eher ein Schritt weg von dem, was unseren Rechtsstaat ausmacht, ganz eindeutig.