Datenschützer Thomas Petri fordert Widerspruchsrecht für Patienten

9. Churfränkische Rede: Abschied vom Patientengeheimnis?
Nachricht23.10.2022Thomas Nagel
Karsten Klein MdB, Prof. Dr. Thomas Petri und Dr. Helmut Kaltenhauser MdL
Karsten Klein MdB, Prof. Dr. Thomas Petri und Dr. Helmut Kaltenhauser MdLThomas-Dehler-Stiftung

Mit den Plänen eines gemeinsamen europäischen Gesundheitsdatenraums befasste sich die diesjährige „Churfränkische Rede“ am 23. Oktober in der Feierscheune Jakobshof in Großostheim. Festredner bei der neunten Folge dieser politischen Diskussionsreihe, initiiert von der Thomas-Dehler-Stiftung in Kooperation mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, war Thomas Petri, Bayerischer Landesbeauftragter für den Datenschutz. Er forderte ein Widerspruchsrecht für Patienten und appellierte an die Politik, hier nachzubessern.

Thomas Petri sieht bei der Einführung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums den Schutz persönlicher und intimer Daten in Gefahr. Daher forderte er von der Politik, das Widerspruchsrecht in der Verordnung zu verankern. Innerhalb Europas sollen künftig Diagnosen, Patientenakten und Medikamentenverordnungen zentral zugänglich sein. Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Gesundheitsdatenraum können künftig Gesundheitsdaten wirtschaftlich genutzt werden. Thomas Petri sieht dies kritisch: „Da soll etwas entstehen, wodurch der Austausch von Daten gefährdet wird.“ Die Gefahr sei, dass Gesundheitsdienstleister, Unternehmen und Behörden Zugriff auf diese Daten hätten. Die Kommission halte nicht einmal ihre eigene Datenschutzgrundverordnung ein. Während bei den Daten, die der Arzt zur Abrechnung an die Kassen weitergebe, der Patient widersprechen könne, habe der Patient keine Gestaltungsrechte bei den Sekundärdaten, die zum Beispiel an Forschungsinstitute gehen. Nach Ansicht von Thomas Petri muss es nach einem Konzept der Freiwilligkeit möglich sein, dass der Patient selbst entscheiden kann, welche seiner Daten genutzt werden.

Prof. Dr. Thomas Petri

Vertrauen ist in der Datensicherheit die schwächste Option

Prof. Dr. Thomas Petri

Man bewege sich in einem Spektrum, sagt Petri, in dem die Willensfreiheit beeinträchtigt werde. Dies gelte es künftig in der Sekundärnutzung zu beachten. Diese sei bisher noch nicht klar geregelt. Ziel müsse der Weg von der Freiwilligkeit zum Widerspruch sein. „Der Akt der Übermittlung von Daten macht mich fassungslos. Da müssen wir intervenieren“, forderte der Datenschützer. Vorbild könnte Finnland sein. Hier gebe es bereits ein digitales Versorgungsgesetz. Noch nie habe er, Petri, so einen Lobbydruck erlebt, um zu einer Sekundärnutzung zu gelangen.

9. Churfränkische Rede: Abschied vom Patientengeheimnis?
Thomas-Dehler-Stiftung

Beim Europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space, kurz EHDS) geht es unter anderem darum, eine grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung für alle EU-Bürger zu gewährleisten. So soll zum Beispiel ein Apotheker Zugang zu Rezepten haben, die in einem anderen Land ausgestellt wurden, oder ein Krankenhaus-Arzt Zugang zu Informationen wie Allergien, Impfungen oder früheren Krankheiten – übersetzt in die jeweils eigene Sprache, um eine bessere Behandlung zu ermöglichen. Dazu plant die Europäische Kommission auch Regeln zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts von Patienten und Versicherten sowie zum Datenschutz. Im Fokus der Debatte darüber steht vor allem die sogenannte Sekundärnutzung der Daten: Brüssel sieht eine Weiterverwendung von Gesundheitsdaten „für Forschung, Innovation, Gesundheitswesen, Politikgestaltung und Regulierungszwecke“ vor. Das geht Kritikern zu weit.